Ramadan in Italien: Kreuzzugsstimmung wegen Ferientag

Eine italienische Schule legt einen unterrichtsfreien Tag fest, der auf das Ende des Fastenmonats Ramadan fällt. Die Rechten schäumen.

Premierministerin Giorgia Meloni guckt missmutig

Meloni & Co haben kein Verständnis für muslimische Schü­le­r*in­nen Foto: Riccardo Antiminano/epa

ROM taz | Eine Schule, die Rücksicht auf die vielen islamischen Kinder in ihren Klassen nimmt: Das ist schlicht eine Zumutung für Italiens Rechtsregierung unter Giorgia Meloni, die immerhin nicht weniger als das christliche Abendland zu verteidigen hat.

Kreuzzugsstimmung machte sich in Melonis Reihen breit, weil das Institut Iqbal Masih, gelegen in der Kleinstadt Pioltello vor den Toren Mailands, beschloss, am 10. April schulfrei zu geben. An jenem Tag feiern Mus­li­m*in­nen weltweit das Fastenbrechen, sprich das Ende des Ramadan. Und in Pioltello wird kräftig mitgefeiert.

Rund 43 Prozent der Iqbal Masih-Schüler*innen nämlich – knapp 1400 Kids zwischen 3 und 14 Jahren besuchen dort Kindergarten, Grund- und Mittelschule – stammen aus migrantischen Familien, die meisten von ihnen sind islamischen Glaubens.

Bereits im Mai 2023 hatte die Schulkonferenz deshalb schon den Kalender für das laufende Schuljahr entsprechend geplant. Italiens Gesetz sieht vor, dass Schulen nach eigenem Gusto einige freie Tage festlegen können, zum Beispiel für Brückentage, solange sie die Jahresgesamtstundenzahl einhalten. Genau diese Autonomie nahm auch das Institut Iqbal Masih für sich in Anspruch, mit der von der Schulkonferenz getroffenen einstimmigen Entscheidung für einen freien 10. April.

Pragmatische Entscheidung

Die Begründung war pragmatisch: An dem Tag würden sowieso rund die Hälfte der Schü­le­r*in­nen fehlen, führte der Direktor aus. Da sei es besser, den Kindern von vornherein freizugeben. Doch von solchem Pragmatismus wollte, vorneweg die in Rom mitregierende, stramm fremdenfeindliche Lega unter Matteo Salvini, nichts wissen.

„Hier handelt es sich nicht um Inklusion, sondern um Exklusion“, schäumte der Lega-Abgeordnete Rossano Sasso, „die Unterwerfung unter den Islam wird in kleinen Dosen verabreicht“. Seine Parteikollegin und Europaparlamentarierin Silvia Sardone legte mit den Worten nach, „wir sind hier in Italien und nicht in Saudi-Arabien“, deshalb müsse der „Präzedenzfall“ von Pioltello unbedingt verhindert werden. Und Parteichef Salvini wetterte gegen die „inakzeptable Entscheidung, die sich gegen die Werte, die Identität, die Traditionen unseres Landes richtet“.

Angst vor „besorgniserregender Islamisierung“

Daraufhin machte Unterrichtsminister Giuseppe Valditara aus dem fernen Rom die Geschichte zur Chefsache und schickte die Schulaufsicht vorbei. Und die Auf­se­he­r*in­nen wurden sofort fündig, teilten mit, der Beschluss der Schulkonferenz sei nicht hinreichend motiviert. Derweil jedoch hatte die Vizedirektorin der Iqbal Masih-Schule ihrerseits einen Brief an den Staatspräsidenten Sergio Mattarella geschrieben und ihn um Unterstützung gebeten. Die kam prompt. Mattarella lobte im Antwortschreiben die „wertvolle Arbeit der Schule“ – das war eine kleine Ohrfeige für den Unterrichtsminister.

Und ein Ansporn für die Schulkonferenz. Sie legte am Montagabend mit einem neuen, einstimmigen Beschluss nach, der die Schließung am 10. April bekräftigt und dies „mit didaktischen, nicht mit religiösen Gründen“ motiviert. Jetzt zetert die EP-Abgeordnete Sardone erneut gegen die „besorgniserregende Islamisierung“, die so angeblich vorangetrieben wird, und erneut soll auch die Schulaufsicht den Beschluss prüfen. Ihr bliebe nur der Weg vors Verwaltungsgericht – wo sie sich allerdings nach der gegenwärtigen Rechtslage nur blamieren kann.

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